Vegetarischen Ernährungsformen wurde häufig nachgesagt,
daß sie die Versorgung mit Eisen nicht sicherstellen können. Diese Auffassung
ist heute jedoch überholt. Tatsächlich ist der Eisenmangel unter VegetarierInnen
westlicher Industrienationen nicht häufiger als bei fleischessenden Personen.
(Leitzmann, Keller, Hahn: Alternative Ernährungsformen 1999)
Eisen stellt mit einem Anteil von 5 % das vierthäufigste Element der
Erdrinde dar (nach Sauerstoff, Silicium und Aluminium). Im menschlichen
Körper liegt die Eisenkonzentration bei etwa 50 mg/kg Körpergewicht.
Im tierlichen sowie im pflanzlichen Organismus liegt Eisen größtenteils
komplex gebunden vor. Grundgerüst für solche Eisenkomplexe sind ringförmige
Moleküle, die Porphyrine genannt werden. Im lebenden Organismus sind sie
mit Proteinen assoziiert (Eisenporphyrin-Proteine). Aufgrund der Farbstoffnatur
von Porphyrinen sind diese Proteine gefärbt.
Eisenporphyrin-Proteine sind in vielfältiger Weise direkt oder indirekt
an der Verwertung des Sauerstoffs in biologischen Oxidationsvorgängen
beteiligt:
Hämproteine (Hämoglobin und Myoglobin):
Hämoglobin ist das sauerstofftransportierende Protein des Blutes
und enthält etwas mehr als die Hälfte des gesamten Eisenbestandes im Körper.
Myoglobin stellt eine Art "Sauerstoffspeicher" im Muskelgewebe dar.
Enzyme:
Cytochrome leisten als Coenzyme von Enzymen der Atmungskette einen wichtigen
Beitrag zur Übertragung von Elektronen. Dieser Prozess findet in den Mitochondrien
der Zellen statt.
Cytochrome und eine Reihe anderer Enzyme enthalten zusammen mit Myoglobin
etwa 15 % des Körpereisens.
Etwa ein Viertel des Gesamtkörpereisens wird in der Leber, der Milz,
dem Knochenmark und zu einem geringen Teil auch in den Schleimhautzellen
des Dünndarms gespeichert. Im Blutplasma zirkuliert Eisen fest gebunden
an das Protein Transferrin.
Die Absorption von Eisen ist von zahlreichen Faktoren
abhängig
Alter, Versorgungszustand des Organismus, Gesundheitszustand, Verhältnisse
im Verdauungstrakt, Menge und chemische Form des aufgenommenen Eisens,
sowie Mengenverhältnisse verschiedener anderer organischer und anorganischer
Nahrungsbestandteile beeinflussen die Eisenaufnahme. Die Bedeutung und
das Zusammenwirken dieser Faktoren sind bisher nur unvollständig geklärt.
Die meisten VegetarierInnen und VeganerInnen haben eine relativ hohe
Eisenaufnahme aus Lebensmitteln wie Vollgetreide, Blattgemüse und angereicherten
Nahrungsmitteln. Hierdurch wird die schlechtere Verfügbarkeit des aus
Pflanzen stammenden ionischen Eisens teilweise kompensiert. Dies gilt
insbesondere dann, wenn gleichzeitig viel Vitamin C (Ascorbinsäure) aufgenommen
wird, das die Eisenresorption fördert. Allerdings sollten Vitamin C-hältige
Nahrungsmittel aufgrund der Hitzeinstabilität des Vitamins nicht erwärmt
werden.
Auch andere organische Säuren wie Zitronensäure, Maleinsäure (in Kürbis,
Pflaume und Apfel), schwefelhältige Aminosäuren (Cystein und Methionin)
und möglicherweise Fructose (Fruchtzucker) erhöhen die Eisenaufnahme.
In Getreide kann durch Fermentation oder langes Einweichen (Keimen) das
Enzym Phytase aktiviert und damit die Eisenverfügbarkeit verbessert werden.
Da Überladungserscheinungen ebenso wie Mangelzustände
unerwünscht sind, sollte die Eisenaufnahme die Verluste gerade ausgleichen
Die DGE empfiehlt Frauen von 10 bis 51 Jahren eine tägliche Zufuhr von
15 mg (Schwangere 30 mg, Stillende 20 mg) und Männern ab 19 Jahren 10
mg. Nach der Menopause haben Frauen keinen größeren Eisenbedarf mehr als
Männer.
Der Eisenbedarf des Organismus ist sehr klein (1-2 mg/Tag), steigt jedoch
im Wachstum, im letzten Drittel der Schwangerschaft sowie bei bedeutenden
Blutverlusten merklich an. Zwar entfällt während der Schwangerschaft der
menstruelle Blutverlust, es wird aber für den Fetus (300 mg), für die
Plazenta (50 mg) und für das vermehrte mütterliche Blutvolumen (450 mg)
zusätzlich Eisen benötigt.
Im Vergleich zu anderen Mineralstoffen wird vom Nahrungseisen nur ein
kleiner Teil absorbiert, weshalb die Empfehlungen für die Zufuhr deutlich
über dem Bedarf liegen.
Wichtigste Eisenquellen sind Nüsse - wobei gerade mal 14 g Pistazien
genügend Eisen ( 2 mg) für einen Tag liefern - Hülsenfrüchte (ca. 60 g
gekochte Linsen), Vollkorngetreide (besonders Hirse) und Vollkornbrot,
Samen [19 g Sesam oder Sesammus (Tahin)], Trockenfrüchte (vor allem Aprikosen)
sowie grünes Blattgemüse. Werden bei der Zubereitung von Speisen eiserne
Pfannen und Töpfe verwendet, wird dadurch die Nahrung mit Eisen angereichert.
Eine ungünstige Kostzusammenstellung kann die Eisenausnutzung
verschlechtern
Phytate (Nüsse, Getreide, Samen) und Phosphate (Limonaden) bilden mit
Eisen unabsorbierbare Komplexe. Eine ähnliche Wirkung haben Phospholipide,
z.B. im Eigelb und Gerbsäure (Tannine) im Schwarzen Tee. Weitere Eisenräuber
sind Oxalat (Spinat) und Fluor. Ebenfalls absorptionshemmend sind Lignin,
Kaffee (Chlorogensäure), Soja- und Milchprodukte, Eialbumin und Kalziumsalze.
Ballaststoffen wird nachgesagt, sie hätten die Eigenschaft, die Resorption
des Eisens zu beeinträchtigen, da sie den Speisebrei schneller weiterbewegen.
Laut einer Studie (Kelsay, 1979, Am. J. Clin. Nutr.), fällt jedoch die
Eisenbilanz bei gleicher Eisenzufuhr günstiger aus, wenn die Nahrung einen
hohen Ballaststoffanteil hat, als bei ballaststoffarmer Kost.
Frühe Studien ergaben, daß bei einer relativ hohen Eisenzufuhr (14-26
mg/Tag), die bei VeganerInnen nicht ungewöhnlich ist, die Eisenbilanz
selbst durch große Mengen Phytat nicht negativ beeinflußt wird.
Auch die Eisenausscheidung unterliegt mehreren Einflußgrößen
Der menschliche Organismus verliert täglich ca. 1 mg Eisen über die Nieren,
den Darm und die Haut. Spuren von Eisen gehen in Haaren, Finger- und Zehennägeln
verloren.
Menstruierende Frauen müssen mit einem zusätzlichen Verlust von durchschnittlich
15 mg (mit großen Schwankungen) während der monatlichen Blutung rechnen,
stillende Frauen mit einer zusätzlicher Ausscheidung von etwa 0,4 mg/Tag
Eisenmangel ist global der meist beobachtete Mangelzustand
Gültige Schätzungen über Häufigkeit und Umfang in der Gesamtbevölkerung
sind allerdings nur schwierig aufzustellen. Zu den Symptomen einer Eisenmangelanämie
gehören Müdigkeit und Atemlosigkeit, besonders nach körperlicher Betätigung,
Schwindel, Herzrhythmusstörungen, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche.
Bei Kindern werden zudem Anorexie, Wachstumsstörungen und verringerte
Widerstandskraft gegen Infektionen beobachtet.
Ursachen unzureichender Eisenversorgung können neben nutritivem Eisenmangel
(Unterernährung, geringe Verfügbarkeit des Eisens aus den Mahlzeiten),
verschiedene Krankheitszustände (Nierenprobleme, hoher Blutdruck) sowie
Schwangerschaft sein.
Biochemische oder klinische Anzeichen eines Eisenmangels sind jedoch
bei Vegetarierinnen nicht häufiger zu finden als im Bevölkerungsdurchschitt.
Allerdings sind ihre Eisenreserven häufig geringer, was in Zeiten eines
erhöhten Eisenbedarfs, insbesondere während der Schwangerschaft, beachtet
werden sollte. Normwerte im unteren Bereich werden jedoch bezüglich des
Auftretens von Infektionskranheiten eher positiv bewertet.
Bei akutem Eisenmangel kann das Mineral dem Körper am besten in flüssiger
Form, als Frischsaft zugeführt werden. Dazu eignen sich frische Gemüsesäfte
(Spinat, Grünkohl, Rote Rübe), Obstsäfte (Aprikosen, rote Trauben, schwarze
Johannisbeeren) oder Säfte aus den Keimlingen von Buchweizen, Weizen,
Mungbohnen, Sonnenblumenkernen und Kürbiskernen. Spirulina- Algen sind
alternative Eisenlieferanten.
Intoxikationen
Neben akuter Eisenvergiftung infolge von Unfällen, die hauptsächlich
bei Kleinkindern vorkommen, gibt es eine Reihe meist chronischer Erkrankungen
(Alkoholismus, Hämochromatose), bei denen es zu Überladungen des Körpers
mit Eisen kommt. Die ständig erhöhte Absorption führt zu einer Speicherung
von Eisen im Gewebe, hauptsächlich im Herzmuskel, in der Leber und der
Bauchspeicheldrüse, was sich zu Leberzirrhose bzw. Diabetes mellitus auswirken
kann.
Die Eisenbilanz eines Menschen kann anhand verschiedener
Kriterien ermittelt werden
Das Absinken des Ferritinspiegels (ein Eisen-Protein-Komplex) auf weniger
als 12 µg pro Liter Blut, zeigt einen beginnenden Abbau der Eisendepots
an. Die Normalwerte liegen bei 15-200 µg/l bei Frauen und 30-300 µg/l
bei Männern. Anzeichen des nächsten Stadiums sind Veränderungen der roten
Blutkörperchen und eine Verringerung der Menge an Eisen, das im Blut durch
das Protein Transferrin transportiert wird (Sättigungsgrad des Transferrins)
- auch wenn der Hämoglobinspiegel möglicherweise normal bleibt. Normalwerte
sind 170-250mg/dl für Frauen und 200-300 mg/dl für Männer. Und schließlich
zeigt sich eine Eisenmangelanämie durch das Vorkommen abnormal kleiner
Blutzellen , sowie einen sehr niedrigen Hämoglobinspiegel im Blut.
Eisenräuber
|
Vorkommen
|
Phytate |
Nüsse, Getreide, Samen |
Phosphate |
Limonaden |
Eialbumin und Phospholipide |
Ei |
Gerbsäure |
Schwarzer Tee |
Oxalat |
Spinat |
Fluor |
Schwarzer Tee |
Chlorogensäure |
Kaffee |
Eisenabsorbtionsförderer
|
Vorkommen
|
Vitamin C (Ascorbinsäure) |
Paprika, Obst, Gemüse, Apfel, Kürbis, Pflaume |
Zitronensäure |
Maleinsäure |
schwefelhältige Aminosäuren (Methionin, Cystein) |
Getreide |
Fructose (Fruchtzucker) |
Obst |
Portionen einiger veganer Nahrungsmittel
die 2 mg Eisen liefern:
Nahrungsmittel
|
Portionsgröße |
geschälte Nüsse: |
|
Pistazien |
14g |
|
Cashewnüsse |
32g |
|
Pinienkerne |
36g |
|
Mandeln |
67g |
Getreide: |
|
Weizenkeime |
24g |
|
Vollkornmehl |
51g |
|
Hafermehl |
53g |
Samen: |
|
Sesamsamen |
19g |
|
Sonnenblumenkerne |
31g |
Hülsenfrüchte: |
|
Ganze Linsen (gekocht) |
57g |
|
Sojabohnen |
67g |
|
Kichererbsen |
95g |
|
Bohnen |
105g |
andere: |
|
Petersilie |
26g |
|
Feigen (getrocknet) |
48g |
|
Rosinen |
53g |
|
Marillen |
53g |
|
Chinakohl |
69g |
|
Spinat (gekocht) |
125g |
|
Erbsen |
133g |
Brigitte Wolf
ave - arbeitskreis vegane ernährungswissenschafterInnen
Literaturhinweise:
Elmadfa, Leitzmann: Ernährung des Menschen (Ulmer
1998)
ÖGE, DGE, SGE: D.A.CH-Referenzwerte (Umschau/Braus 2000)
Gil Langley: Vegane Ernährung (Echo-Verlag 1999)
Leitzmann, Keller, Hahn: Alternative Ernährungsformen (Hippokrates Verlag
1999)
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